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Von einer tschechischen Musik im ausdrücklichen Sinne spricht man erst seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts – als sich in der Habsburgischen Doppelmonarchie die tschechischen Muttersprachler gegen die Dominanz der deutschsprachigen Minderheit zu wehren begannen. Bedřich Smetana, der als Vater der Musiknation gilt, setzte sich leidenschaftlich für die Pflege eines Opernrepertoires in seiner Heimatsprache ein. Leoš Janáček wiederum ließ sich bei der Entwicklung seines unverwechselbaren Idioms durch Intonation und Rhythmen der tschechischen Verbalsprache inspirieren. Daneben waren es Sagen und Mythen aus den Regionen Böhmen und Mähren und die reiche Tradition einheimischer Volkstänze, die zur Ausbildung einer eigenen Tonsprache beitrugen.

Bei aller Heimatverbundenheit waren diese Komponisten alles andere als provinziell und verbrachten Studien- und Berufsjahre fernab ihrer Herkunftsorte. Auf dem Gipfel seines Ruhms übernahm Antonín Dvořák in den 1890er Jahren die Stelle des Direktors am Musik-Konservatorium in New York, wo ein halbes Jahrhundert später Bohuslav Martinů als politischer Emigrant seinen Lebensmittelpunkt finden sollte. Auch für weitere musikalische Einflüsse zeigten sich die Komponisten offen: Dvořák orientierte sich als wichtigster tschechischer Symphoniker der Romantik in seiner mittleren Schaffensperiode an seinem Freund und Mentor Brahms. Während der aus Mähren stammende Janáček sich stark zur ostslawischen, also auch russischen Kultur hingezogen fühlte, ließ sich Martinů vom französischen Impressionismus, vom Neoklassizismus Strawinskys und vom Jazz inspirieren. Die Musik Josef Suks schließlich, für die sich Kirill Petrenko seit Jahren einsetzt, zeigt eine Nähe zur Symphonik des ebenfalls aus Böhmen stammenden Gustav Mahlers.

Bürger einer unabhängigen tschechischen (bzw. tschechoslowakischen) Nation waren nur einige der hier versammelten Künstler. Smetanas berühmter Orchesterzyklus, zu dem die unverwüstliche »Moldau« gehört, heißt nicht zufällig Mein Vaterland (Má vlast). Vor dem ersten Weltkrieg dominierte die KuK-Monarchie, nach dem zweiten die Sowjetunion. So haben sich die tschechischen Komponisten ihr Vater- und Heimatland im Medium der Musik errichtet.

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