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Zu Beginn seiner Karriere hatte Herbert von Karajan Beethovens Erste Symphonie noch mit einer gewissen altdeutschen Behäbigkeit dirigiert, doch seine Aufführungen des Werks mit den Berliner Philharmonikern in den 1960er und zu Beginn der 1970er Jahre waren geprägt von Leidenschaft und Raffinesse und rückten damit den jungen Revolutionär Beethoven in den Vordergrund.

Ähnliches lässt sich auch über die Vierte Symphonie sagen – nach Karajans Meinung für den Interpreten die schwierigste der neun Symphonien, nicht zuletzt aufgrund ihrer einigermaßen rätselhaften Natur. Robert Schumann nannte die Vierte in einem berühmten Diktum »eine griechisch schlanke Maid zwischen zwei Nordlandriesen« (womit er die Dritte und Fünfte Symphonie meinte). Anfang der 1960er Jahre fühlte sich Karajans radikal verjüngtes Orchester bei der Musik von Debussy, Strawinsky und Ravel genauso zu Hause wie bei den großen deutschen Meistern, und dementsprechend »griechisch« wirkten die Aufführungen der Vierten durch die Berliner: leichtfüßig und lyrisch, mit einer perfekten Balance zwischen dem Apollinischen und dem Dionysischen.

Schumanns Bild von der »griechisch schlanken Maid« blendet jedoch aus, dass die Vierte nicht vor der mächtigen Fünften entstanden ist, sondern zur selben Zeit konzipiert und komponiert wurde, und in beiden Werken bemüht sich Beethoven, im Zuge seines symphonischen Diskurses einen Aufstieg aus der Dunkelheit ins Licht nachzuzeichnen. Während der rund 100 Stunden, die Karajan 1972 auf die Vorbereitung, Regiearbeit und den Schnitt dieses Films der Vierten Symphonie verwendete, machte er sich auch Gedanken über die Widersprüche zwischen diesen beiden traditionellen Sichtweisen. Die meisten Dirigenten entscheiden sich für die eine oder die andere Lesart, doch nach reiflicher Überlegung hatte der Pragmatiker Karajan den Mut, dieser charmantesten aller Beethoven-Symphonien ihre Widersprüche zu lassen.

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