Karajan dirigiert Beethoven, Weber, Rossini und Wagner
Herbert von Karajan legte den Grundstein seiner Karriere als Operndirigent. Sein feines dramatisches Gespür offenbart sich eindrucksvoll in diesem Programm mit Ouvertüren zu Bühnenwerken von Ludwig van Beethoven, Carl Maria von Weber, Gioacchino Rossini und Richard Wagner, die oftmals – etwa im Falle der Vorspiele zu Tannhäuser und zum Freischütz – wie verdichtete Versionen der jeweiligen Gesamtwerke erscheinen.
Diese Aufzeichung vom Januar 1975, entstanden vor einem geladenen Publikum, gehört zu den eindrucksvollsten Videodokumenten der Berliner Philharmoniker unter Herbert von Karajan. Im Grunde seines Herzens war Karajan ein Theatermann, und bei den fünf Stücken in diesem Programm handelt es sich ausnahmslos um Bühnenmusik. Bis 1967, als Karajan die Berliner Philharmoniker dauerhaft für die Salzburger Osterfestspiele engagierte, hatten sie noch keinerlei Erfahrung im Orchestergraben sammeln können. In den nächsten 21 Jahren spielten sie in insgesamt 19 Opern von Wagner, Verdi, Beethoven, Strauss und Puccini, bei denen Karajan neben der musikalischen Leitung jeweils auch die Regie übernahm.
Rossinis Wilhelm Tell hat Karajan nie im Opernhaus dirigiert, doch die Ouvertüre zu dieser Oper – eher eine viersätzige Tondichtung als ein konventionelles Eröffnungsstück – faszinierte ihn sein Leben lang. Berlioz fühlte sich durch das Zwiegespräch der fünf Solocelli zu Beginn an die tiefe Stille in den Bergen erinnert, wenn Naturgewalten und menschliche Leidenschaften zur Ruhe kommen. Im Rahmen seiner Abschlussprüfung probte Karajan 1928 in Wien vor seinen Lehrern ebendieses Stück, wobei er besonderes Augenmerk auf die Celli-Passagen des Anfangs legte und die Trompeten einzeln vorspielen ließ, um sicher zu stellen, dass sie den Rhythmus im berühmten Schluss dieser Ouvertüre absolut präzise spielen würden.
Wagners Tannhäuser hat Karajan zwar mehrfach im Theater dirigiert, jedoch nie vollständig auf Platte aufgenommen. Dieser Mitschnitt präsentiert eine Interpretation der Ouvertüre, die aus sich selbst zu glühen scheint – für Karajan das Markenzeichen eines wirklich großartigen Orchesters. »Im Konzert strahlte er eine unglaubliche Kraft und Anspannung aus«, erinnerte sich ein Musiker, der ihn jahrzehntelang aus nächster Nähe beobachten konnte. »Seine Muskeln waren so angespannt, dass er oft schmerzhafte Krämpfe in der linken Hand bekam, die sich nur schwer lösen ließen. Er schonte sich nie, wenn er am Dirigentenpult stand.«
© 1975 Unitel
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