Konzert

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Er habe »einmal so komponieren wollen, wie die Kuh die Milch gibt«, gab Richard Strauss über seine im Oktober 1915 in Berlin uraufgeführte Alpensinfonie zu Protokoll. Eigentlich sollte das Werk in klassischer viersätziger Form Strauss’ Lektüre von Friedrich Nietzsches Schrift Der Antichrist reflektieren. Während der kompositorischen Arbeit an der Partitur nahm Strauss dann aber Abstand von seinen hoch gegriffenen Ambitionen und schuf eine nach eigener Aussage »naturalistische«, einsätzige Symphonische Dichtung. Diese trägt vor allem Naturerfahrungen des in seiner Freizeit wandernden Komponisten Rechnung: Ein nächtliches Stimmungsbild eröffnet den in der Alpensinfonie vorgestellten Reigen musikalischer Episoden, gefolgt von der farbenreichen instrumentalen Schilderung eines Sonnenaufgangs. Dann macht sich der Wanderer auf den Weg, hört aus der Ferne den Ruf von Jagdhörnern und tritt in den Wald ein.

Weiter geht es an einem Bach entlang bis zu einem Wasserfall, dessen glitzernde Lichtbrechungen wie geheimnisvolle Erscheinungen anmuten. Über blumige Wiesen gelangt der Wanderer auf die Alm, lauscht für einen Moment dem Geläut von Kuhglocken, um sich dann durch Dickicht und Gestrüpp den Weg zu einem Gletscher zu bahnen. Nach gefahrvollen Augenblicken gelangt er schließlich auf den Gipfel. Beim Abstieg gerät der Wanderer in ein Unwetter, kommt aber sicher nach Hause, bevor die Sonne untergeht. Der Tag klingt friedvoll aus, und zur Musik des Anfangs sinkt die Nacht herab. Die vordergründig naive, ursprünglich vermutlich auf einem alpinen Jugenderlebnis des Komponisten beruhende innere Handlung der Alpensinfonie sublimiert Strauss durch eine höchst virtuose, rund 130 Musiker in ihren Dienst stellende Instrumentationskunst sowie durch ein raffiniert geknüpftes Netz motivischer Bezüge.

Diese kompositorische Meisterschaft wäre kaum denkbar ohne das Vorbild von Franz Schubert. Nachdem er ihn seit Kindestagen »angebetet, gespielt und gesungen und bewundert« hatte, schrieb Strauss über Schubert: »Er konnte komponieren, was er wollte, wozu ihn sein Genius trieb.« Jeder Vergleich mit der milchgebenden, musikalischen Kuh mag hinken. Und dennoch ist es keineswegs ohne Reiz, wenn Gerald Finley und die Berliner Philharmoniker unter der Leitung von Daniel Harding in diesem Konzert vor der Aufführung der Alpensinfonie zunächst eine Auswahl von Schubert-Liedern in der Instrumentation von Spätromantikern wie Johannes Brahms und Max Reger zur Diskussion stellen.

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