Mariss Jansons und Evgeny Kissin
Eine Art spätromantisches Familientreffen ist dieses Konzert mit Mariss Jansons. Richard Wagners Rienzi-Ouvertüre steht hier neben dem auftrumpfenden Ersten Klavierkonzert seines Schwiegervaters Franz Liszt. Dessen ideeller Nachkomme Richard Strauss wiederum perfektionierte die von Liszt entwickelte Symphonische Dichtung, etwa im berühmten Also sprach Zarathustra, das wir ebenfalls hören. Mit Evgeny Kissin ist einer der großen Pianisten unserer Zeit zu erleben.
Bereits im Alter von zwei Jahren begann Evgeny Kissin, Stücke auf dem Klavier nach dem Gehör zu spielen und zu improvisieren. Mit zehn gab er sein Konzertdebüt mit Mozarts Klavierkonzert d-Moll KV 466, ein Jahr darauf folgte sein erster Soloabend. 1988 wurde der in Moskau geborene Pianist zu einem Vorspiel bei Herbert von Karajan geladen, der den damals 17-Jährigen spontan für das Silvesterkonzert der Berliner Philharmoniker engagierte. Heute kann Evgeny Kissin auf eine langjährige und erfüllte Karriere zurückblicken. Mariss Jansons, den die Berliner Philharmoniker im Januar 2018 zu ihrem Ehrenmitglied ernannt haben, dirigiert diese drei Abende, an denen Kissin der Solist ist in Franz Liszts heroisch-brillantem Klavierkonzert Es-Dur, das seine Hörer in ein wahres Labyrinth aus verschachtelten Sätzen und zirkulierenden Themen entführt. Liszt nahm sich Schuberts Wandererfantasie zum Vorbild, die entweder als frei gestalteter Sonatenhauptsatz verstanden werden kann oder als kompletter Sonatenzyklus – inklusive Adagio, Scherzo und einem alles überhöhenden Finale.
Vor dem Klavierkonzert, das in Liszts Œuvre als Nr. 1 gezählt wird, da es zuerst publiziert und uraufgeführt wurde, erklingt Richard Strauss’ Tondichtung Also sprach Zarathustra, mit welcher der junge Strauss erklärtermaßen keine »philosophische Musik« schreiben wollte oder »Nietzsches großes Werk musikalisch darzustellen« versuchte. Vielmehr faszinierte den Komponisten die fundamentale Gesellschaftskritik Nietzsches und das dionysische Lebensgefühl, welches im Buch zum Ausdruck kommt. Die befremdliche Theorie vom »Übermenschen« verwandelt sich in Strauss’ Lesart zu einer Besinnung auf die naturgegebenen Kräfte des Menschen, mit deren Hilfe er den Kampf gegen Mittelmaß und Rückständigkeit aufnimmt. Nach der Berliner Erstaufführung dieses Werks am 30. November 1896, bei der Arthur Nikisch die Berliner Philharmoniker dirigierte und die nur drei Tage nach der Frankfurter Premiere stattfand, bezeichnete Otto Lessmann in der Allgemeinen Musikzeitung das Werk als »Markstein auf dem Gebiet der reinen Instrumentalmusik«. Sein Resümee: »In einem Konzertbericht auch nur annähernd ein Bild von der Großartigkeit der musikalischen Konzeption dieses Werkes geben zu wollen, wäre ein vergebliches Bemühen.«
Abgerundet wird das Konzert mit Richard Wagners mitreißender Rienzi-Ouvertüre, die in mehrfach beschleunigender Steigerung ein thematisches Potpourri aus Schlachtruf (»Santo Spirito cavaliere«) und Triumphmarsch (»Ertönet laut, ihr Freudenlieder«) des dritten Opernaktes bietet.
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