François-Xavier Roth dirigiert »Le Sacre du printemps«

Die Uraufführung von Igor Strawinskys Le Sacre du printemps löste den größten Theaterskandal des 20. Jahrhunderts aus. Mit seiner archaischen Handlung, seinen ekstatischen Rhythmen und schneidenden Klängen schockierte das Ballett das Publikum – und zementierte den Ruhm des Komponisten. Ein neues Werk von Ondřej Adámek ehrt Pierre Boulez zu dessen 100. Geburtstag. Boulez selbst ist mit seinem Rituel in memoriam Bruno Maderna vertreten, das mit acht im Saal verteilten Instrumentalgruppen eine spektakuläre Klangwirkung erzielt. François-Xavier Roth dirigiert.

Der Komponist und Dirigent Bruno Maderna war Pierre Boulez eng verbunden: Als Freund und durch das Engagement für die zeitgenössische Musik. Nachdem Maderna 1973 im Alter von nur 53 Jahren gestorben war, widmete Boulez ihm sein Rituel. Es gehört aufgrund seiner Verbindung von klanglicher Sinnlichkeit und liturgisch strenger Form zu den zugänglichsten Werken des Komponisten. Jeder der acht sehr unterschiedlich besetzten Gruppen ist ein Schlagzeug zugeordnet, das in der komplexen Überlagerung von Motiven und Klangschichten Orientierung schafft. Die Struktur der Komposition, so Boulez, ist inspiriert vom christlichen Wechselgesang des Responsoriums. Er hat dieses Abschiedswerk für seinen Freund zudem als »Ritual des Verschwindens und Überlebens« charakterisiert.

Dass Pierre Boulez’ eigenes musikalisches Erbe »überleben« wird, ist nicht nur durch das Fortbestehen der von ihm gegründeten Institutionen – darunter das Pariser IRCAM (Forschungsinstitut für Akustik/Musik) – gesichert; sondern auch durch den Einfluss seiner Werke auf die Musik der Gegenwart. Die Hauptmotive von Ondřej Adámeks Orchesterstück Between Five Columns stammen aus Boulez’ berühmten Notations. Die fünf Säulen, auf die der Titel Bezug nimmt, symbolisieren die Architektur des Werks: »Die Akustik dieser imaginären architektonischen Elemente verändert sich – Töne reflektieren, verschmelzen und resonieren in verschiedenen Formen. Manchmal hören wir Weite und Freiheit, manchmal fühlen wir Enge und Spannung des begrenzten Raums«, erläutert Adámek.

Dass die Uraufführung von Strawinskys Sacre einen Skandal auslöste, lag neben der ebenso urgewaltigen wie modernen Musik auch am schockierenden Sujet: Am Ende einer Reihe von Ritualen tanzt sich eine junge Frau als Frühlingsopfer in den Tod. Die nicht im strengen Sinne atonale, aber für die Entstehungszeit doch ungewöhnlich dissonanzenreiche Tonsprache sowie die mit körperlicher Energie aufgeladenen Klänge haben auch mehr als 100 Jahre nach der Entstehung des Werks nichts von ihrer ursprünglichen Kraft verloren. An  Strawinskys polyrhythmische und polytonale Verfahren haben später Komponisten wie Pierre Boulez angeknüpft.

Berliner Philharmoniker
François-Xavier Roth

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