Klaus Mäkelä dirigiert Strawinskys »Feuervogel«
Mit seiner Ballettmusik Der Feuervogel revolutionierte der junge Igor Strawinsky das Tanztheater – durch eine ungewöhnliche Verschmelzung von russischer Volksmusik mit schillernden Klangfarben und kraftstrotzenden Rhythmen. Klaus Mäkelä, designierter Chefdirigent des Amsterdamer Concertgebouw-Orchesters und des Chicago Symphony Orchestra, stellt dem Ballett Andrew Normans sozialkritische Symphonie Play gegenüber, deren Klangsprache zwischen Witz und aggressiver Schärfe changiert.
Play – der harmlos anmutende Titel, den Andrew Norman seinem zwischen 2013 und 2016 entstandenen Werk gab, offenbart in den Erläuterungen des Komponisten seine philosophische Dimension. Denn es sind weniger unbeschwerter Zeitvertreib und Spielereien, die im Zentrum stehen, als Fragen nach Macht und Manipulation: »Vieles in diesem Stück befasst sich damit, wer auf wem spielt«, so Norman. »Die Schlagzeuger zum Beispiel verwenden einen großen Teil ihrer Zeit darauf, auf dem Orchester zu ‘spielen’, als wäre es ein Instrument (so, wie sie selbst als Instrument vom Dirigenten ‘gespielt’ werden. Dieser wird wiederum von der Partitur ‘gespielt’).« In drei Levels – eine bewusste Allusion an Videospiele – lotet Play das Orchester als einen sich selbst reflektierenden Mechanismus aus. Das Publikum kann in diesem stets bewegten Musik-Spiel – Norman vergleicht es mit einem Marionettentheater – gespannt verfolgen, wer in welchem Moment die Fäden zieht. Dirigent Klaus Mäkelä dürfte dabei eine zentrale Rolle spielen: Er ist mit dem Werk bestens vertraut, denn ihm oblag dessen niederländische Erstaufführung.
Zwar kein Puppentheater, aber einen Märchenstoff legte Igor Strawinsky seinem 1910 uraufgeführten Ballett Der Feuervogel zugrunde. Die Hauptcharaktere – der böser Zauberer Kaschtschej, die von ihm verzauberte Prinzessin, der rettende Prinz und der wundersame Feuervogel – boten nicht nur musikalisch, sondern auch choreografisch ideale Voraussetzungen. Strawinsky, der durch diese erste Zusammenarbeit mit den Pariser Ballets Russes über Nacht berühmt wurde, trennt in seiner Komposition die magisch-böse Welt von der realen: Während Kaschtschej von einer düster-chromatischen Tonsprache begleitet wird, dominieren beim Auftreten von Prinz und Prinzessin folkloristisch gefärbte, helle Klänge. Einen Marionetten-Moment gibt es dann doch: Vom Prinzen zur Hilfe gerufen, lässt der Feuervogel Kaschtschej und sein dämonisches Gefolge mit einer Zaubermusik buchstäblich nach seiner Pfeife tanzen, bevor er sie kurzerhand in den Schlaf singt. Gut: 1 – Böse: 0.
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