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Als sich abzeichnete, dass Bruckner das Finale seiner Neunten Symphonie nicht mehr würde vollenden können, bestimmte er sein Te Deum ausdrücklich zu dessen »bestem Ersatz«. Aufführungen des dreisätzigen Torsos seiner monumentalen, »dem lieben Gott« gewidmeten Sinfonia da chiesa kamen für ihn nicht infrage, was auch seine Briefe sowie Berichte von Zeitzeugen belegen. In einem komplexen Arbeitsprozess haben Nicola Samale, John Phillips, Giuseppe Mazzuca und Benjamin-Gunnar Cohrs in der Zeit von 1983 bis 2010 in mühevoller Detailarbeit eine Aufführungsfassung des Finales erarbeitet: »Das hier präsentierte Endergebnis«, schreibt Cohrs, seit 2013 Leiter der Bruckner-Edition Wien, »umfasst 653 Takte. 440 Takte entsprechen Bruckners Partiturbogen. 208 davon hat er bereits vollständig instrumentiert; vom Rest lag zumindest der Streichersatz nebst etlichen Vorskizzierungen geplanter Bläserstimmen vor. Der Verlauf weiterer 117 Takte konnte aus Skizzen und ausgeschiedenen Bogen rekonstruiert werden. 96 Takte mussten durch musik-forensische Techniken wiedergewonnen werden, doch nur für 37 davon war überhaupt keine Musik Bruckners mehr vorhanden. Die Aufführungsfassung des Finales ist damit von Fremdzutaten weitaus freier als beispielsweise die von Mozarts Requiem.«

Der endgültige Anstoß zur Vorbereitung einer letzten revidierten Ausgabe ist Sir Simon Rattle zu verdanken, der die viersätzige Version von Bruckners Neunter im Oktober 2011 sowie im Februar 2012 in der Berliner Philharmonie und im Februar 2012 ebenfalls in der New Yorker Carnegie Hall dirigierte. »Ich muss gleich hier loswerden, was für ein erstaunlich beeindruckendes Stück Arbeit Sie geleistet haben«, schrieb Rattle im Vorfeld an die Herausgeber. »Ich habe die Entwürfe in den vergangenen Jahren immer wieder einmal durchgesehen, und ich habe eine andere namenlose Rekonstruktion gehört, die mich beinahe für den Rest des Lebens davon abgebracht hätte. [...] Ich fühle mich immer mehr überzeugt von Ihrem Stück plastischer Chirurgie, und meine, dass es viel verbreiteter gehört und verstanden werden sollte. Und dies von einem Mann, der Mozarts Requiem ganz beiseite gelegt hat! Nochmalige Glückwünsche zu Ihrer erstaunlichen Entdeckungsreise.«

Mit den Philharmonikern präsentiert Sir Simon nun dem Berliner Publikum Bruckners Neunte ein weiteres Mal mit rekonstruiertem Finale, das von Motiven aus dem Te Deum durchsetzt ist und wie eine regelrechte Antithese zum Kopfsatz wirkt. Im Rahmen des von Rattle ins Leben gerufenen philharmonischen »Tapas«-Projekts erfolgt zuvor die Premiere von Hans Abrahamsens Three Pieces for Orchestra.

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