Saisoneröffnung 2012: Simon Rattle und Yefim Bronfman
Als »Genuss« bezeichnete ein Kritiker die Aufführung von Witold Lutosławskis Dritter Symphonie, mit der Simon Rattle die Saison 2012/13 eröffnete. Und in der Tat ist dies der wunderbare Fall einer bedingungslos modernen Musik, die zugleich durch Atmosphäre und Vitalität begeistert. Am Beginn des Abends stand Brahms’ Zweites Klavierkonzert mit Yefim Bronfman, der gleichermaßen die wuchtigen wie die delikaten Seiten des Werks zum Leuchten brachte.
Alte Kunst mit frischem Leben zu erfüllen – das ist eine der großen Aufgaben eines Symphonieorchesters. Und so ist es nur sinnfällig, wenn die Berliner Philharmoniker und Chefdirigent Sir Simon Rattle die Saison 2012/13 mit zwei Werken eröffnen, die sich dieser Herausforderung auf der schöpferischen Seite stellen, in denen tradierte kompositorische Formen neu gedacht und gestaltet werden.
Da ist zunächst Johannes Brahms’ Zweites Klavierkonzert – vollendet im Jahr 1881, als Symphonie und Solokonzert vielen schon als gestrig galten. Indessen steckt das Werk voller Überraschungen. Zeitweise wirkt es wie eine Symphonie, in der das Klavier nur eine Klangfarbe beisteuert, dann wieder kann der Pianist seine ganze solistische Kunst entfalten. Und schließlich gibt es Momente eines kammermusikalischen Austauschs – nichts ist hier schematisch. Pianist Yefim Bronfman ist für das Werk eine Idealbesetzung: ein »kraftvoller Virtuose, der keine Vergleiche zu scheuen braucht« (The New York Times), aber zugleich einer, der das Musizieren im Kollektiv liebt und einmal sogar bekannte, sich in der Rolle der »zweiten Geige« besonders wohlzufühlen.
Mit Witold Lutosławskis Dritter Symphonie von 1983 eröffnen Orchester und Dirigent eine ganze Reihe mit Werken des Komponisten. Simon Rattle hat die Symphonie einmal als »Meisterwerk« Lutosławskis bezeichnet, und in der Tat kulminieren hier dessen Qualitäten auf engstem Raum: seine bedingungslose Modernität – etwa wenn die Orchestermusiker in aleatorischen Abschnitten zum Improvisieren aufgefordert sind –, aber auch die atmosphärische Dichte und vitale Kraft seiner Sprache. Die Berliner Philharmoniker haben das Werk übrigens zuletzt 1985 aufgeführt, damals mit Lutosławski als Dirigenten.
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