Kirill Petrenko mit Strauss’ »Die Frau ohne Schatten« in Baden-Baden
Als Gustav Klimt seine Wandbilder mit Blattgold überzog, schwelgte auch Richard Strauss musikalisch in einer Opulenz, die typisch war für das Wien jener Zeit. Gleich fünf dramatische Stimmen braucht es für seine Frau ohne Schatten, dazu zahlreiche Nebenrollen und einen riesigen Orchesterapparat. Die Berliner Philharmoniker und Chefdirigent Kirill Petrenko präsentierten dieses Spektakel bei den Osterfestspielen in Baden-Baden 2023 in einer Inszenierung der renommierten Regisseurin Lydia Steier.
Der Menschenkaiser heiratet die Tochter des Geisterkönigs, doch auf dem Paar lastet ein Fluch: Er kann mit ihr, der Frau ohne Schatten, keine Kinder bekommen. Wird sie aber nicht schwanger und damit vollständig Mensch, muss er versteinern – zur Strafe für seine Vermessenheit. In dieser verzweifelten Lage weiß die tricksende Amme Rat: Warum nicht der Gattin des armen Färbers Barak Fruchtbarkeit und Schatten stehlen? Doch am Ende weigert sich die Kaiserin, ihr Lebensglück auf das Leid anderer Menschen zu bauen – und erweist sich dadurch als zutiefst menschlich.
So überraschend und facettenreich wie die Wendungen dieser Handlung ist die Musik, die Richard Strauss für ein durch außergewöhnliche Instrumente angereichertes Orchester ersann. Neben fünf chinesischen Gongs lässt vor allem die Glasharmonika aufhorchen – ihre magischen Klänge begleiten die Verwandlungsszene im zweiten Akt. Auf der Bühne begeisterten Elza van den Heever (Kaiserin), die kurzfristig für die erkrankte Nina Stemme einsprang, Clay Hilley (Kaiser), Michaela Schuster (Amme), Miina-Liisa Värelä (Färberin) und Wolfgang Koch (Färber) – Protagonist*innen mit großen Stimmen und verblüffendem Ausducksspektrum.
Die glanzvolle Inszenierung der Märchenoper war für Lydia Steier nach eigener Aussage eine »Monsteraufgabe«. Ein besonderer Einfall: Die preisgekrönte Regisseurin erfand eine neue Rolle, ein Mädchen, das während des ganzen Stücks präsent ist – es sind ihre Beobachtungen und ihre Traumerzählung, der das Publikum in der Inszenierung folgt.
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