Saisoneröffnung 2015: Simon Rattle dirigiert Britten und Schostakowitsch
Zur Saisoneröffnung 2015 präsentierten die Berliner Philharmoniker und Simon Rattle zwei Werke, die auf ganz unterschiedliche Weise Virtuosität mit Ironie mischen. Während Benjamin Britten in seinem Variationensatz liebevoll die Charakterzüge seines Lehrers Frank Bridge porträtiert, hat die Parodie in Schostakowitschs Vierter Symphonie einen ernsteren Hintergrund, indem sie die grotesken Züge der stalinistischen Diktatur nachzeichnet.
Eine konzertante Aufführung von Schostakowitschs Oper Lady Macbeth von Mzensk beeindruckte den jungen Britten zutiefst und wurde zu einer seiner wichtigen Inspirationsquellen. 1960, als der Russe zu der Londoner Erstaufführung seines Ersten Cellokonzerts nach England kam, lernten sich die Komponisten persönlich kennen und schlossen Freundschaft. Britten besuchte Schostakowitsch, der dem Engländer seine 14. Symphonie widmete, mehrmals in Russland. Die Werke dieses Programms entstanden nahezu zeitgleich: Britten schrieb seine Variationen im Sommer 1937 für das Debüt des Boyd Neel Orchestra bei den Salzburger Festspielen und schaffte damit den internationalen Durchbruch. Die Komposition ist eine humorvolle Hommage an den verehrten Lehrer Frank Bridge, dessen charakterliche Vorzüge Britten in den einzelnen Variationen vorstellt, gleichzeitig erweist er mit gekonnten stilistischen Parodien Komponisten wie Rossini, Ravel, Strawinsky und Mahler seine Reverenz.
An der Klangsprache Gustav Mahlers orientierte sich auch Schostakowitschs Vierte Symphonie. Der Komponist vollendete sie 1936, in einer Zeit, als er in der Sowjetunion des Formalismus bezichtigt und fast zum Staatsfeind erklärt wurde. Obwohl er – verglichen mit der Zweiten und Dritten Symphonie – in der Vierten zu einer traditionellen Form zurückfand, wagte Schostakowitsch das Werk erst 1961 uraufzuführen. Die Berliner Philharmoniker spielten die Symphonie erstmals 1976 unter Leitung des russischen Dirigenten Gennadi Roschdestwensky.
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