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Es war ein Novum in der Geschichte der Berliner Philharmoniker, dass das Orchester für die Saison 2015/16 mit Peter Sellars einen Regisseur zu einer Residency einlud. Vorausgegangen waren dieser intensiven mehrmonatigen Zusammenarbeit die von Sellars für Konzerte der Berliner Philharmoniker unter Sir Simon Rattle erarbeiteten, von Publikum und Presse gleichermaßen bejubelten szenischen »Ritualisierungen« der bachschen Passionen nach Matthäus (2010) und Johannes (2014). Im Rahmen seiner Residency zeichnete Sellars dann u. a. Im Dezember 2015 für eine nicht minder intensive halbszenische Realisation von Claude Debussys einziger, mit Christian Gerhaher und Magdalena Kožená in den Hauptrollen traumhaft besetzter Oper Pelléas et Mélisande verantwortlich. Spätestens jetzt war klar, dass der vorbildlosen künstlerischen Liaison von Sir Simon, Peter Sellars und den Berliner Philharmonikern ein Platz in den Annalen des Orchesters gesichert ist.

Doch auch in der Saison 2016/2017 beschreiten die Berliner Philharmoniker und ihr Chefdirigent neue Wege, wenn sie erstmals in der Ära Rattle einem Komponisten die Ehre einer Residency zuteilwerden lassen: John Adams, einem der einflussreichsten und zugleich populärsten US-amerikanischen Komponisten der Nachkriegszeit. In drei Konzerten der Berliner Philharmoniker sind die sich zum Saisonwechsel die künstlerische Klinke in die Hand gebenden Artists in Residence des Orchesters als Urheber eines gemeinsamen Werks zu erleben: The Gospel According to the Other Mary. Die Inspiration für dieses 2012 in Los Angeles uraufgeführte Oratorium bildet eine apokryphe Schrift aus dem zweiten nachchristlichen Jahrhundert, deren Verfasserin vermutlich Maria Magdalena war, die erste Zeugin der Auferstehung Jesu.

Dennoch geht es in dieser Gemeinschaftsarbeit von Peter Sellars und John Adams nicht darum, die Bibel neu zu schreiben. Das von Sellars als Textcollage angelegte Libretto rekurriert sowohl auf Passagen aus Altem und Neuem Testament als auch auf Schriften von Mystikerinnen aus dem Mittelalter, Frauenrechtlerinnen und politischen Aktivistinnen des 20. Jahrhunderts sowie literarischen Zeugnissen von Überlebenden des Holocaust. Dieser ebenso konfessions- wie zeitlosen Annäherung an die Passion Christi und ihrer Bedeutung für unsere Tage begegnet Adams mit einer Musik, in der u. a. drei Countertenöre in die Rolle der Evangelisten, wie man sie aus den Passionen von Johann Sebastian Bach kennt, schlüpfen. Und so schließt sich ein Kreis, der von Peter Sellars’ inszenatorischem Debüt bei den Berliner Philharmonikern zu der musikalische Traditionen in unsere Zeit übersetzenden kompositorischen Sprache von John Adams führt.

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