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Darauf, dass John Adams’ dreisätziges Orchesterwerk City Noir vom Film noir inspiriert ist, verweist bereits der Titel: Die Idee zu dem Stück kam dem Komponisten, »während der Lektüre von Kevin Starrs mehrbändiger Sozial- und Kulturgeschichte von Kalifornien. Im Kapitel ›Black Dahlia‹ seines Buchs Embattled Dreams: California in War and Peace, 1940–1950 beschreibt Starr die Stimmung und das Milieu der späten 1940er- und frühen 1950er-Jahre, wie sie im Sensationsjournalismus jener Zeit und in den düsteren, unheimlichen Schwarz-Weiß-Filmen Hollywoods Ausdruck fanden. Dies inspirierte mich zu einem Orchesterwerk, das, obwohl nicht zwangsläufig auf den Soundtrack jener Filme Bezug nehmend, eine ähnliche Stimmung und den Grundton der Ära heraufbeschwört.«

Dabei lässt City Noir, das nicht mehr viel mit Adams’ minimalistischen Arbeiten aus den 1980er- und 1990er-Jahren gemein hat, zu Beginn eine Vielzahl von musikalischen Assoziationen entstehen, die von Strawinsky über Gershwin, Bernstein und Milhaud bis zu John Coltrane reichen, bevor nervöse Jazz-Rhythmen und sich wiederholende Patterns den Hörer tatsächlich ins Amerika jener Zeit versetzen – spätestens im zentralen Mittelsatz mit seiner typisch amerikanischen Stilmischung aus Klassik und Jazz, in dem sich die Musik, so Adams, »nach der archetypischen ›Blue Note‹ sehnt und zugleich davor zurückschreckt. Wenig später findet das Lied seine Entfaltung im Klang einer Soloposaune, ein ›sprechendes Solo‹ schließt sich an, in der Art der großen Duke-Ellington-Soloposaunisten Lawrence Brown oder Britt Woodman, die übrigens beide aus Los Angeles stammten.«

Gustavo Dudamel, der Adams’ Hommage an die große Zeit des Bebop im Rahmen seines Antrittskonzerts als Musikdirektor des Los Angeles Philharmonic Orchestra mit großem Erfolg uraufgeführt hat, widmet sich dem Werk nun mit den Berliner Philharmonikern, bei denen er 2008 laut Tagesspiegel das »fetzigste« Debüt aller Zeiten ablegte. Anschließend steht Antonín Dvořáks Symphonie Aus der neuen Welt auf dem Programm – ein Werk, in dem der Komponist als Direktor des New Yorker National Conservatory of Music mit Hilfe stilisierter musikalischer Folklore erklärtermaßen versucht hat, »Charakteristika zu porträtieren, die deutlich amerikanisch sind«. Offenbar mit Erfolg, denn nach der triumphalen Premiere waren sich die Kritiker aller New Yorker Zeitungen einig: Sie hatten »eine Studie nationaler Musik« gehört (New York Times). Heute dürfte allerdings niemand daran zweifeln, dass Dvořáks Meisterwerk fest in der böhmischen Musiktradition verwurzelt ist.

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