Andris Nelsons und Guy Braunstein mit Werken von Brahms und Strauss
Nicht durch Artistik beeindruckt Brahms’ Violinkonzert, sondern durch ein herrlich filigranes Wechselspiel von Solist und Orchester. In einer zugleich energiegeladenen und unaffektierten Interpretation offenbarten Guy Braunstein und Andris Nelsons die Reize des Konzerts. Dessen diskrete Virtuosität kontrastiert hier mit einem Werk von fast unverschämter Selbstgewissheit: Richard Strauss’ Ein Heldenleben.
Von Hans von Bülow, einst Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, stammt das berühmte Diktum, Johannes Brahms’ Violinkonzert sei ein »Konzert gegen die Violine« – einfach weil dem Solisten hier kaum Gelegenheit zur virtuosen Selbstdarstellung gegeben wird. Die Berliner Philharmoniker, Guy Braunstein und Dirigent Andris Nelsons legten in dieser Aufführung die offensichtlichen wie die verborgenen Reize des Konzerts frei.
Der Solopart ist alles andere als leicht zu spielen. Nur erscheint das Werk über weite Strecken eher wie eine Symphonie als wie ein Konzert, da die Violine eng mit den übrigen Instrumenten verflochten ist. Umso größer die Wirkung, wenn sie sich mit ihren filigranen Linien souverän über ihre Mitstreiter erhebt und alle großorchestrale Wucht hinter sich lässt. Der Geiger Guy Braunstein war von 2000 bis 2013 Erster Konzertmeister der Berliner Philharmoniker, ehe er das Orchester verließ, um sich auf seine Solokarriere zu konzentrieren.
Das zweite Werk des Abends, Richard Strauss’ Ein Heldenleben, verhält sich in doppelter Hinsicht komplementär zu Brahms’ Violinkonzert. Zum einen steht der auftrumpfende Gestus dieses Selbstporträts – denn darum handelt es sich – im direkten Kontrast zur Ernsthaftigkeit des Brahms-Werkes. Und zum anderen kann man im dritten Satz erleben, wie aus einer symphonischen Dichtung unerwartet ein raumgreifendes Violinsolo erwächst, hier gespielt von Guy Braunsteins Konzertmeister-Kollegen Daishin Kashimoto.
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