Konzert

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Wystan Hugh Auden war ein charmanter Moralist, elegisch und gnadenlos, liebend und leidend zugleich. Mit The Age of Anxiety schuf er eine historisch-psychologisierende Seelen- und Zeitdiagnose im Gewand eines barocken Hirtengedichts: »Lüge und Lethargie kontrollieren die Welt in ihren Phasen des Friedens. Was der Schmerz lehrte, ist bald vergessen; wir feiern, was geschehen sollte, als wäre es geschehen, blenden uns durch unsere Großspurigkeit. Dann kommt sie zurück, die Angst, die wir fürchten.« Den äußeren Rahmen der Handlung geben die vier Protagonisten vor, die in einer New Yorker Bar ins Gespräch kommen und – der Alkohol löst die Schranken der inneren Zensur – manche Erkenntnis bezüglich des Kriegs, der eigenen Weltsicht und des eigenen Glaubens zur Sprache bringen: Ein erdachtes Gespräch zwischen durchschnittlichen Menschen, Chor eines Dramas (das ausbleibt) sowie Hymne und Elegie.

Das Poem, für das Auden mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet wurde, inspirierte Leonard Bernstein zu seiner gleichnamigen Symphonie: »Die wesentliche Linie von Audens Gedicht«, so der Komponist, »ist das Protokoll unserer schwierigen und problematischen Suche nach Glauben. Am Ende anerkennen zwei der vier Charaktere den Glauben und offenbaren zugleich ihre Unfähigkeit, sich im täglichen Leben danach zu richten.« In der Partitur, in welcher kaleidoskopartig die unterschiedlichsten Musikstile durcheinandergewirbelt werden, übernimmt das konzertierende Soloklavier symbolische Funktion: »Der Pianist«, so Bernstein, »liefert einen fast autobiografischen Protagonisten, der vom Orchester im modernen Sinne analytisch gespiegelt wird.« In der Berliner Philharmonie übernimmt kein Geringerer als Krystian Zimerman den von jazzigen Synkopen durchzogenen Solopart, den Bernstein nachträglich um eine umfangreiche Kadenz vor der Schluss-Coda erweiterte.

Anschließend präsentieren Sir Simon und das Orchester im Rahmen der philharmonischen »Tapas«-Reihe mit Auftragswerken von circa sechs Minuten Aufführungsdauer drei neue Stücke von Andrew Norman, Magnus Lindberg und Brett Dean. Abgerundet wird der Abend mit einem stimmungsvollen Ausflug ins Filmmusikgenre: Nach Scott Bradleys Begleitmusik zur Zeichentrickserie Tom and Jerrysteht das symphonische Orchesterporträt The Adventures of Robin Hood auf dem Programm, das John Mauceri nach der Originalpartitur zum gleichnamigen Film von 1938 arrangiert hat. Die Musik stammt von Erich Wolfgang Korngold, der dank eines Exklusivvertrags mit dem Filmimperium Warner Brothers zu einem der – auch finanziell – erfolgreichsten Filmmusikkomponisten avancierte, die es je gab.

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