Konzert

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Es beherbergt eine der schönsten Kunstsammlungen der Welt: das Musée d’Orsay in Paris, das im Jahr 1900 zunächst als Bahnhof eröffnet wurde. Hier geben die Berliner Philharmoniker am 1. Mai 2019 ihr traditionelles Europakonzert. Die zu diesem Anlass aufgeführte Musik von Hector Berlioz, Richard Wagner und Claude Debussy entstammt dem Zeitraum zwischen der Mitte des 19. und dem Beginn des 20. Jahrhunderts, in dem auch die im Museum ausgestellten Meisterwerke von Künstlern wie Manet, van Gogh, Degas und Rodin entstanden sind. Dirigent der Aufführung und Europakonzert-Debütant ist Daniel Harding, der, als amtierender Musikdirektor des Orchestre de Paris, die Philharmoniker bei ihrem Konzert gewissermaßen als Gastgeber willkommen heißen wird.

Der Schriftsteller und Philosoph Walter Benjamin hat Paris einmal als die »Hauptstadt des 19. Jahrhunderts« und damit als Zentrale und Kreuzungspunkt der wichtigsten wissenschaftlichen, politischen, intellektuellen und künstlerischen Strömungen einer ganzen Epoche bezeichnet. Hierher verschlug es mehrfach auch Richard Wagner, der in Paris zunächst als junger, unbekannter Musiker von 1839 bis 1842 seinen Wohnsitz hatte, ohne im urbanen Kulturbetrieb nachhaltig auf sich aufmerksam machen zu können. 1861 erlebte am selben Ort eine eigens erstellte neue Fassung seiner Oper Tannhäuser ihre Uraufführung, die zu einem Skandal führte. Wagner hat den Franzosen seinen Misserfolg in späteren Jahren mit einer geradezu pathologischen Abneigung gegen das Nachbarland vergolten.

In umgekehrter Richtung reiste 1888 Claude Debussy nach Bayreuth, um dort mehrere Opern Wagners anzuhören. Seine eigene Ästhetik sollte Debussy später in expliziter Abgrenzung von der Wagnerschen entwickeln und damit dem hegemonialen Anspruch der deutschen Musiktradition entgegentreten. Unterhalb dieses öffentlich ausgetragenen, von den politischen Umständen der Zeit stark geprägten Konflikts spielte sich allerdings eine Geschichte der heimlichen und verleugneten deutsch-französischen Einflüsse ab. So hörte Wagner in Paris Hector Berlioz’ dramatische Symphonie Romeo et Juliette und zeigte sich von dem Werk tief beeindruckt. Die Shakespeare-Vertonung des Franzosen gehört, als musikalische Darstellung einer obsessiven, tragischen Liebesgeschichte, zur Vorgeschichte von Wagners Tristan, wie andererseits Debussys Oper Pelléas et Melisande Bestandteil von dessen Nachgeschichte ist. Denn Debussy bewunderte, trotz aller kulturpolitischen Feindseligkeit, die Instrumentierungsvirtuosität und die atmosphärischen Zauberkünste des Rivalen. Besonders verehrte er die Klangwelt des Parsifal.

Und so setzt dieses Europakonzert nicht nur durch den Besuch eines Berliner Orchesters in Paris ein Zeichen für die deutsch-französische Freundschaft, sondern es beleuchtet durch sein Programm auch, wie viel die beiden Musiknationen einander zu verdanken haben: mit Szenen aus Wagners Parsifal und Walküre, mit Auszügen aus Les Troyens und Romeo et Juliette von Berlioz, dessen Todestag sich 2019 zum 150. Mal jährt, sowie mit Debussys Prélude à l'après-midi d'un faune und einer Suite aus Pelléas et Melisande.

Mit besonderer Vorfreude kann man darüber hinaus dem Auftritt des walisischen Bassbaritons Bryn Terfel entgegensehen, der nach 18 Jahren zum ersten Mal wieder mit den Berliner Philharmonikern musiziert. In Paris wird der Künstler, der für seine so kraftvolle wie nuancenreiche Stimme und seine unübertreffliche Diktion gerühmt wird, den ergreifenden Gesang vortragen, mit dem sich Göttervater Wotan am Ende von Wagners Walküre von seiner Tochter Brünnhilde verabschiedet. Die Rolle des Wotan hat Bryn Terfel unter anderem an den Opernhäusern in London und New York mit sensationellem Erfolg interpretiert.

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