Simon Rattle dirigiert Haydn und Strawinsky
»Ich bin ein Haydn-Verrückter«, hat Simon Rattle einmal gesagt. Tatsächlich dürfte es wenige andere Dirigenten mit einem so tiefen Verständnis für diesen Komponisten geben. Hier dirigiert er die Symphonie Nr. 102, die durch einen tief empfundenen langsamen Satz beeindruckt. Auch Igor Strawinsky ist von zentraler Bedeutung für Simon Rattle, der mit einer selbst zusammengestellten Strawinsky Journey unbekannte Facetten des Komponisten offenbart.
2014 stellte Simon Rattle als Chefdirigent der Berliner Philharmoniker eine »imaginäre Orchesterreise« aus Werken Joseph Haydns zusammen. Auf eine ähnliche, Igor Strawinsky gewidmete Expedition bricht der Dirigent acht Jahre später auf. Deren Ausgangspunkt markiert wiederum die Aufführung einer Haydn-Symphonie. Im Hinblick auf geografische Ortswechsel konnte der Wiener Klassiker zwar nicht mit dem in Russland gebürtigen, später in Europa und den USA heimischen Strawinsky mithalten, aber in der Lust auf Experimente und dem Willen, musikalisch an immer neue Schauplätze zu reisen, ähneln sich beide.
In den späten Jahren seines Lebens feierte Haydn in England mit seinen als »Londoner Symphonien« bekannt gewordenen Werken große Erfolge. Über seinen 102. Gattungsbeitrag schrieb ein zeitgenössischer Kritiker: »In Bezug auf Harmonie, Modulationen, Melodie, Leidenschaft und Effekt ist Haydn gänzlich unerreicht.«
Die Strawinsky Journey bietet instrumentale und vokale Stücke, die zwischen 1907 und 1966 entstanden sind und präsentiert damit in Schlaglichtern Musik aus der russischen, französischen und amerikanischen Schaffensperiode des Komponisten. Zum Erstaunen der Klassikwelt entwickelte Strawinsky am Ende seiner langen Karriere in Werken wie den hier aufgeführten Requiem Canticles eine eigenwillige Form der Zwölftonmusik, die von seinem Antipoden Arnold Schönberg erfunden worden war. Das mitreisende Publikum darf sich bei dieser Tour auf stilistische Metamorphosen, Witz, das intelligente Spiel mit Erwartungen sowie auf die regelmäßig an den Staatsopern in München und Berlin gastierende Mezzosopranistin Anna Lapkovskaja freuen.
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