Yutaka Sado dirigiert Schostakowitsch und Takemitsu
Als Yutaka Sado in der sechsten Schulklasse war, antwortete er auf die Frage nach seinem Lebenstraum: »Ich möchte einmal Dirigent der Berliner Philharmoniker werden.« Im Mai 2011 erfüllte sich Sados Traum mit seinem philharmonischen Debüt. Auf dem Programm standen Tōru Takemitsus meditatives From me flows what you call time und Dmitri Schostakowitschs zwischen Jubel und Parodie changierende Fünfte Symphonie.
Zur Eröffnung seines Debüt-Konzerts hat Yutaka Sado Musik aus seiner Heimat mitgebracht: From me flows what you call time von Tōru Takemitsu, dem international prominentesten Komponisten Japans. Dass in dem Werk fünf Schlagzeuger zum Einsatz kommen, sollte keine falschen Erwartungen wecken. From me flows what you call time ist keineswegs brachial-perkussiv, sondern ein meditatives Kaleidoskop delikater Farben und Akzente. Entstanden wenige Jahre vor Takemitsus Tod, gibt das Werk Einblick in seine vielfältigen Interessen. So klingt hier seine Beschäftigung mit östlicher Tradition und westlicher Avantgarde ebenso an wie sein umfangreiches Schaffen als Filmmusikkomponist.
Während die Berliner Philharmoniker From me flows what you call time hier zum ersten Mal spielten, ist Schostakowitschs Fünfte Symphonie regelmäßig in den Programmen des Orchesters zu finden. Der Komponist selbst bezeichnete das Werk als »schöpferische Antwort eines Sowjetkünstlers auf gerechte Kritik«, nachdem seine Vierte Symphonie von der Stalin-Diktatur als »formalistisch« verboten worden war. Mit seiner Fünften wagte er einen Drahtseilakt. Populär und jubelnd sollte sie sein, zugleich konnte Schostakowitsch nicht umhin, zwischen den Zeilen seine Abscheu vor der Verlogenheit des Regimes zu formulieren. Und so ist diese Symphonie ein faszinierendes Vexierspiel, in dem Großartigkeit ins Lächerliche und Lustigkeit in Verzweiflung umschlägt.
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