Riccardo Chailly dirigiert Bruckners Sechste Symphonie
Riccardo Chaillys Bruckner-Interpretationen sind berühmt für ihre ungewöhnliche Transparenz und schlanke Energie. In der Sechsten Symphonie, die Bruckner selbst als seine »keckste« charakterisierte, kommen diese Qualitäten besonders gut zur Geltung. Sehniger Schwung herrscht auch in seiner Interpretation der Italienischen Symphonie von Felix Mendelssohn vor – übrigens Chaillys Vorgänger im Amt des Leipziger Gewandhauskapellmeisters.
Anton Bruckners Symphonien spielte Riccardo Chailly ab Mitte der 1980er-Jahre komplett ein. Kritiker lobten überschwänglich diese Interpretationen, in denen weniger weiche Entrücktheit als sehnige Kraft vorherrscht – und waren zugleich überrascht, dass ein junger Italiener zur deutschen Spätromantik so viel zu sagen hat. Besonders gut passt zu Chaillys Ansatz die Sechste Symphonie, die in diesem Konzert zu hören ist: ein für Bruckners Verhältnisse knappes Werk von komprimierter Energie.
Wie Bruckner ist auch Felix Mendelssohn Bartholdy eng mit Chaillys künstlerischer Biografie verflochten. Immerhin war er selbst einst Leiter des Gewandhausorchesters. An diesem Abend erklingt seine Vierte Symphonie mit dem Beinamen Italienische. Die Kopplung mit Bruckners Sechster Symphonie gewinnt ihren speziellen Charme durch eine verwandte Einschätzung der Werke durch ihre Urheber. Denn während Bruckner seine Symphonie als seine »keckste« charakterisierte, notierte Mendelssohn, die Vierte sei »das lustigste Stück, das ich gemacht habe«. Dass zudem eine Interpretation der Italienischen durch einen Dirigenten mit Chaillys Herkunft eine gewisse Authentizität für sich in Anspruch nehmen kann, ist ein so naheliegender Gedanke, dass er fast nicht erwähnt zu werden braucht.
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