Tugan Sokhiev mit Schostakowitsch und Liszt
Dmitri Schostakowitsch war ein Bewunderer Gustav Mahlers. Davon zeugt seine Vierte Symphonie, die mit ihren Tanz- und Marschmotiven und ihrer Zerrissenheit an dessen Klangsprache erinnert. Gleichzeitig setzt sich Schostakowitsch mit der Stalin-Diktatur auseinander. Tugan Sokhiev kombiniert die Vierte Symphonie mit dem Zweiten Klavierkonzert von Franz Liszt, einem Stück voller Ausdruckstiefe. Als Solist gibt Alexandre Kantorow sein philharmonisches Debüt.
Alexandre Kantorow wird von der Presse als »wiedergeborener Franz Liszt« gefeiert. Er war der erste Franzose, der die Goldmedaille beim renommierten Tschaikowsky-Wettbewerb gewann. An der Seite von Tugan Sokhiev debütiert er hier bei den Berliner Philharmonikern. »Man kann alle möglichen Emotionen auf dem Klavier kanalisieren«, so der Pianist. Liszts Zweites Klavierkonzert, das dieser 1839 begann und erst rund 20 Jahre später uraufführte, bietet dafür eine schillernde Palette. Aus einer einzigen musikalischen Idee, die gleich zu Beginn von den Holzbläsern vorgestellt wird, entwickelt Liszt das gesamte Werk – eine Paradedisziplin des Komponisten.
Auch Dmitri Schostakowitschs Vierte Symphonie musste lange auf ihre Uraufführung warten. Um die stalinistischen Kulturfunktionäre vorab zu beruhigen, bekannte der Komponist in der Prawda, mit diesem Werk »auf den ›gesellschaftlichen Auftrag‹ unserer bemerkenswerten Epoche zu antworten«. Kurze Zeit später jedoch verriss dieselbe Zeitung seine Oper Lady Macbeth als »Chaos statt Musik«. Von einem Tag auf den anderen wurde Schostakowitsch zur politischen Zielscheibe. Die Proben für die Uraufführung seiner Vierten Symphonie waren in vollem Gange, als der Komponist sie auf einmal zurückzog. Ob Funktionäre Druck auf ihn ausübten, oder Schostakowitsch selbst daran zweifelte, dass sein öffentliches Bekenntnis der Zensur standhalten würde – beides ist denkbar. Krzysztof Meyer, ein Freund des Komponisten, beschrieb die Symphonie als »eines der erschütterndsten und tragischsten Werke Schostakowitschs«. Uraufgeführt wurde es erst rund 25 Jahre nach seiner Entstehung – und nach Stalins Tod.
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