Kirill Petrenko dirigiert Mahlers »Symphonie der Tausend«

»Symphonie heißt mir eben: mit allen Mitteln der vorhandenen Technik eine Welt aufbauen.« Nirgendwo hat Gustav Mahler dieses Credo überwältigender umgesetzt als in seiner Symphonie der Tausend. Mit acht Solist*innen, drei Chören und gigantischem Orchester geht er über alles bisher Dagewesene hinaus. Zugleich bündelt Mahler in dieser Klangfülle fundamentale Gedanken der Geistesgeschichte – vom mittelalterlichen Hymnus bis zum Schluss von Goethes Faust. Nach 15 Jahren bringen die Berliner Philharmoniker das Werk unter Kirill Petrenko wieder auf die Bühne.

Im Sommer 1906 überfiel Mahler der »spiritus creator«, er packte und schüttelte ihn, bis innerhalb weniger Wochen, so der Komponist, »das Größte fertig war«: die Achte Symphonie. Hatte er zuvor erklärtermaßen ganze Welten in Tönen erschaffen, so sollte sein als solches konzipiertes Opus summum in Gestalt einer 80-minütigen Symphoniekantate mit Riesenbesetzung buchstäblich All-umfassend sein: »Denken Sie sich, dass das Universum zu tönen und zu klingen beginnt«, schrieb er an den befreundeten Dirigenten Willem Mengelberg. Das Publikum war von der Achten überwältigt.

Den Pfingst-Hymnus »Veni, creator spiritus« aus dem 9. Jahrhundert und die Schluss-Szene des zweiten Teils von Goethes Faust scheinen Welten zu trennen. Für Mahler allerdings waren sie Geistesverwandte: Hier wird der elementare Schöpfergeist angerufen, dort versucht ein schaffendes Individuum die Unzulänglichkeit seiner Existenz zu überwinden. Die zentrale Botschaft der Achten formuliert aus, was die Zweite Symphonie in den Worten »Du hast nicht umsonst gelebt« nur andeutet: »Wer immer strebend sich bemüht, / den können wir erlösen.«

Klar und ungebrochen formt Mahler aus seinem schöpferischen Schub die Achte, in der zwei Leitthemen dominieren: das einleitende, archaisch-erhabene »Veni«-Thema und die Melodie zu den Worten »Accende lumen sensibus, / infunde amorem cordibus« (Zünde den Sinnen das Licht an, / gieße die Liebe in die Herzen ein), die die »Brücke« – so der Komponist – zum opernhaft-szenischen Faust-Teil schlägt. Wie schon in der Dritten Symphonie erklärt Mahler auch in der Achten die Liebe zur höchsten, zu einer erlösenden Kraft – in den Texten verkörpert durch das »Ewig-Weibliche« in Gestalt von Gretchen und der Mater gloriosa. Flankiert vom »Veni«-Thema in den Fernorchestern und untermauert durch die Orgel, wird das Liebes-Thema in einer lichtdurchfluteten Apotheose verklärt. Als Sinnbild und unmittelbarer Ausdruck eines sich verströmenden »spiritus creator« wird Mahlers Symphonie der Tausend selbst zum quasi-liturgischen Pfingst-Ritus.

Berliner Philharmoniker
Kirill Petrenko
Jacquelyn Wagner
Golda Schultz
Jasmin Delfs
Beth Taylor
Fleur Barron
Benjamin Bruns
Gihoon Kim
Le Bu

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Künstler*innen

Kirill Petrenko Chefdirigent seit 2019
Gustav Mahler Komponist
Benjamin Bruns Tenor
Le Bu Bass
Rundfunkchor Berlin

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