Bernard Haitink dirigiert Beethoven und Wagner
Das Heldenhafte in Beethovens Eroica wird oft durch drängendes Auftrumpfen realisiert – in Bernard Haitinks Interpretation hingegen herrscht eine andere Energie vor, die sich aus innerer Ruhe und Souveränität speist. Zu Beginn des Konzerts lernen wir Richard Wagner von zwei unterschiedlichen Seiten kennen: schwärmerisch im Siegfried-Idyll, nervös-leidenschaftlich in den Wesendonck-Liedern. Die Solistin ist Mihoko Fujimura.
»Geschrieben auf Bonaparte«, vermerkte Ludwig van Beethoven 1804 auf einer Partiturabschrift seiner bis dato Sinfonia grande genannten Dritten Symphonie. Napoleons Krönung zum Kaiser – von Beethoven als Verrat an den Idealen der Französischen Revolution gedeutet – führte dazu, dass Bonapartes Name später nicht auf der gedruckten Partitur des Werks erschien: Die nun Sinfonia eroica genannte Komposition sollte vielmehr »das Andenken an einen großen Mann feiern«. Der Wutanfall, in dem Beethoven bei der Nachricht von Napoleons Kaiserkrönung das Titelblatt des Werks zerrissen haben soll, ist vielfach beschrieben worden.
Weit weniger bekannt sind die Bezüge der Eroica zum Prometheus-Mythos: Der Lichtbringer der Antike war eine Figur, die im Zeitalter der Aufklärung Symbolcharakter besaß und mit der sich Beethoven erstmals in seiner 1801 in Wien aus der Taufe gehobenen Ballettmusik Die Geschöpfe des Prometheus auseinandersetzte. Ist es ein Zufall, dass Beethoven ein Thema aus diesem Werk in den Finalsatz seiner Eroica aufnahm? Ganz sicher nicht, konstatierte doch kein Geringerer als Johann Wolfgang von Goethe fünf Jahre nach Napoleons Tod: »Was hat er wie jener Prometheus den Menschen gebracht? – Auch Licht: eine moralische Aufklärung.«
Ganz im Bereich des Privaten angesiedelt sind hingegen die beiden Werke, die Bernard Haitink und die Berliner Philharmoniker für die erste Konzerthälfte ausgewählt haben. Während Richard Wagner das Siegfried-Idyll, das auf Themen aus dem gleichnamigen Musikdrama basiert, 1870 anlässlich ihres 33. Geburtstags seiner Frau Cosima zum Geschenk machte, gelten seine Wesendonck-Lieder von 1857/58 als unwiderstehliches, musikalische Schatten auf den Tristan und den Ring des Nibelungen vorauswerfendes Zeugnis einer amour fou zwischen dem Komponisten und der Dichterin Mathilde Wesendonck.
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