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Bei seinem dritten Silvesterkonzert als Chefdirigent der Berliner Philharmoniker unternahm Sir Simon Rattle 2008 einen Streifzug durch die US-amerikanische Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts. Am Pult der »besten Big-Band der Welt« (so die Berliner Presse) dirigierte er Werke von Gershwin, Barber, Copland und Adams, stimmgewaltig unterstützt von Thomas Quasthoff und der südafrikanischen Sopranistin Pauline Malefane.
Den Auftakt machte die »kubanische« Ouvertüre von George Gershwin, musikalisches Resultat eines zweiwöchigen Urlaubs, den der Komponist 1932 in Havana verbracht hatte. Das unverwüstliche Adagio for Strings von Samel Barber gestaltete Rattle danach als »einen Klangfarbenbogen von eigener Schlüssigkeit« (Berliner Zeitung). Die Old American Songs, Volksliedbearbeitungen von Aaron Copland, präsentierte Thomas Quasthoff mit samtigem Heldenbariton als »eine Sammlung packender Short Stories, gekrönt von einer Art ›Old McQuasthoff has a farm‹, bei dem der Sänger ein quiekendes, grunzendes, wieherndes Bestiarium aufmarschieren lässt« (Der Tagesspiegel).
Mit seinem furiosen Orchesterstück Short Ride in a Fast Machine beschreibt John Adams das Gefühl, »wenn einen jemanden zu einer Spritztour in einem atemberaubenden Sportwagen einlädt, und man sich später wünscht, man hätte dankend abgelehnt«. Innige Töne schlugen Quasthoff und Pauline Malefane danach in zwei Ausschnitten aus Porgy and Bess an, bevor Gershwin mit einem weiteren Reisesouvenir zu Wort kam, der quasi autobiographischen Tondichtung An American in Paris, die Eindrücke von Studienaufenthalten aus den Jahren 1926 und 1928 verarbeitet. Nach einem letzten Ausflug zum Ol’ Man River Mississippi erklang zum Abschluss Sousas Marsch The Liberty Bell, besser bekannt als Titelmelodie aus Monty Pythons Flying Circus – vielleicht in der Hoffnung, auch das Neue Jahr möge »something completely different« bringen.