Zubin Mehta dirigiert Mozart, Schumann und Tschaikowsky in Évian

Birken auf der Bühne, an der Decke Kronleuchter aus Muranoglas und böhmischem Kristall – der Konzertsaal La Grange au Lac (Die Scheune am See) ist außergewöhnlich. Das Gebäude aus Holz in der Nähe von Évian-les-Bains war ein Geschenk an den Cellisten Mstislav Rostropowitsch, der dort bis 2000 ein Kammermusik-Festival leitete. Kurz vor der Sommerpause 2023 gastieren die Berliner Philharmoniker hier mit Zubin Mehta und einem klassisch-romantischen Programm.
Als letzte einer Trias entstand 1788 Wolfgang Amadeus Mozarts Symphonie Nr. 41. Bis heute rätselt die Forschung, ob er sie – wie oft aus wiederholt beklagtem Geldmangel – für einen konkreten Anlass oder aus intrinsischem Schaffensdrang komponierte. Manch einer deutet die postum durch ihren Beinamen Jupiter buchstäblich vergötterte Symphonie gar als Mozarts klingendes Vermächtnis. In jedem Fall bietet das Stück reichlich Anlass, es zu lieben: In strahlendem C-Dur verfasst, versprüht der Kopfsatz prickelnde Vitalität im perfekt klassischen Gewand. Reizvoll kontrastieren nachdenkliche Zwischentöne die Heiterkeit im Andante cantabile – und das Menuett beginnt überraschend mit einer chromatisch absteigenden Linie. Wer tiefer analysiert, erkennt diese als Umkehrung eines flehendes Motivs aus dem Kopfsatz wieder. Seine »göttliche« Meisterschaft bewies Mozart vor allem im Finale, das mit einer großen Fuge neue Maßstäbe setzte.
Eine Ouvertüre an zweiter Stelle eines Programms – das mag zunächst verwundern. Doch der funkensprühenden Energie von Mozarts Symphonie stellen die folgenden Werke geballtes dramatisches Gewicht gegenüber. Von Eifersucht und Betrug handelt Schumanns einzige Oper Genoveva, deren Vorspiel in raschen Stimmungswechseln die Konflikte andeutet – wie auch das Happy End.
Düster gibt sich Tschaikowskys Vierte Symphonie. Dank des Briefaustauschs des Komponisten mit seiner Vertrauten Nadeshda von Meck ist belegt, dass das in allen Sätzen unerbittlich auftretende Thema das Schicksal verkörpert. Das triumphale Finale suggeriert, dass seine Macht schließlich überwunden wird.
© 2023 Elzévir Films, LES RENCONTRES MUSICALES D’ÉVIAN
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