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Auf Kirill Petrenkos Antrittskonzert als Chefdirigent der Berliner Philharmoniker hatte die Klassikwelt lange und mit großer Spannung und Vorfreude gewartet, am 23. August 2019 war es endlich so weit. Am folgenden Tag wiederholten Kirill Petrenko und das Orchester ihre gefeierte Interpretation von Beethovens Neunter Symphonie bei freiem Eintritt und unter freiem Himmel am Brandenburger Tor. Ein Publikum von 35.000 Menschen folgte der Einladung, noch einmal knapp zehnmal so viele Zuschauer verfolgten das Ereignis live an den Bildschirmen und machten die Übertragung damit zu einem der zehn »reichweitenstärksten Samstagabende« des Jahres im rbb Fernsehen. Die Eroberung von kulturgeschichtlich bedeutsamen Orten der Hauptstadt als Musikbühne hatten der Dirigent und die Philharmoniker bereits im vorausgegangenen Jahr begonnen, als das Eröffnungskonzert der Spielzeit im Schlüterhof des neu errichteten Stadtschlosses wiederholt wurde; auch damals war mit der Siebten Symphonie ein Werk Beethovens erklungen.

Das zwischen 1789 und 1793 errichtete Brandenburger Tor hieß ursprünglich »Friedenstor« und gehört zu den symbolträchtigsten Stätten Deutschlands; architektonisch repräsentiert es den Frühklassizismus, politisch die Glanzzeit Preußens. Später brachte das direkt an der innerstädtischen Grenze gelegene Bauwerk dann den Schmerz über die deutsche Teilung, nach dem Fall der Mauer die Freude über die Wiedervereinigung zum Ausdruck. Nicht zuletzt wurde das Antrittskonzert daher im Rahmen der Feierlichkeiten zum 30. Jubiläum des Mauerfalls präsentiert. Bei seinem Berlin-Besuch 1798 hätte Beethoven das Tor übrigens bereits besichtigen können: Damals hat er vermutlich Friedrich Wilhelm II., der ein begeisterter Hobby-Cellist war, kennengelernt. Dem Preußenkönig sollte Beethoven seine Neunte Symphonie später widmen.

Im durch diese Zusammenhänge angedeuteten repräsentativen Aspekt – das philharmonische Konzert wies zudem auf die Feierlichkeiten zu Beethovens 250. Geburtstag 2020 voraus – erschöpfen sich die Symphonie und ihre philharmonische Aufführung allerdings in keiner Weise. Für Kirill Petrenko ist der letzte Gattungsbeitrag des Komponisten vielmehr ein »Werk, das für mich alles umfasst, was nur möglich ist in der menschlichen Seele, mit dem ganzen Überschwang und den ganzen Abgründen«, wie der Dirigent in einem Gespräch erklärte. Entsprechend dynamisch, kontrastreich und tiefgründig wurde die musikgeschichtlich unvergleichlich folgenreiche Komposition denn auch von den Philharmonikern und ihrem neuen Chefdirigenten interpretiert. Unterstützt wurden sie dabei vom Berliner Rundfunkchor und einem Solistenquartett um die Sopranistin Marlis Petersen, die in der Spielzeit den Titel Artist in Residence übernahm. Mit der Aufführung rundete sich der Beginn einer neuen Ära für alle Beteiligten auf beglückende Weise: »Nach einer explosiven Ode an die Freude im letzten Satz, sprang das bis dahin hochkonzentrierte Publikum auf und bejubelte Petrenko – dessen Freude und Dankbarkeit unübersehbar waren.« (The Guardian).

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