Michael Barenboim debütiert bei den Berliner Philharmonikern
Schönbergs Violinkonzert verlangt dem Solisten alles ab. Da gibt es gewaltige Intervallsprünge, vertrackte Griffe, halsbrecherische Tempi und eine nuancenreiche Expressivität. Michael Barenboim stellte sich all dem 2018 in seinem philharmonischen Debüt. Zudem dirigierte Vasily Petrenko zwei farbenprächtige Werke, in denen Ravel Kulturgüter des europäischen Auslands adaptiert: den Wiener Walzer in La Valse und eine antike Liebesgeschichte in Daphnis et Chloé.
Nach der Uraufführung 1940 schrieb ein Kritiker, das Violinkonzert von Arnold Schönberg klinge wie ein »Hühnerhof bei Fütterung«. Nicht nur Publikum und Presse reagierten mit Ablehnung auf das aus einer Zwölftonreihe entwickelte Werk, sondern auch Jascha Heifetz, dem Schönberg das Stück ursprünglich zugedacht hatte. Die Gründe, warum Heifetz dem Komponisten, der dann in Louis Krasner seinen Uraufführungssolisten fand, eine Absage erteilte, sind nicht bekannt. Tatsache ist, dass das Violinkonzert mit zu den technisch anspruchsvollsten Beiträgen der Gattung gehört. »Manche Spieltechniken, insbesondere die in schnellen Doppel- und Tripelgriffen auszuführende Flageoletttechnik, sind hier sehr avantgardistisch. Das kannten die Geiger in dieser Form damals nicht«, meint Michael Barenboim, der dieses Stück unter der Leitung von Vasily Petrenko spielt. Beide geben ihr Debüt bei den Berliner Philharmonikern. Für den jungen Violinisten, Konzertmeister des von Vater Daniel mitbegründeten und geleiteten West-Eastern Divan Orchestra, ist Schönbergs Konzert eines der großen Werke des 20. Jahrhunderts. »Es ist hochexpressiv, sehr emotional, man darf sich nur nicht von der Strenge der Zwölftönigkeit beirren lassen«, schwärmt er.
Das Konzert bildet einen starken Kontrast zu Franz Schuberts lyrisch-heiterer Rosamunde-Ouvertüre, mit der das Programm eröffnet wird. Schubert hatte 1823 für das Theaterstück Rosamunde der Dichterin Helmina von Chézy eine Bühnenmusik geschrieben. Während das Stück ein Misserfolg wurde, gefiel die Musik. Doch die Ouvertüre hat trotz ihres Namens nichts mit dem Schauspiel zu tun. Ein Verleger hatte später Schuberts Ouvertüre zur Zauberharfe als Vorspiel zu Rosamunde herausgegeben. Nach der Konzertpause erklingen zwei Werke von Maurice Ravel: La Valse, jene ekstatische Apotheose des Wiener Walzers, in der der französische Komponist Ausführende wie Zuhörer in einen mitreißenden musikalischen Strudel zieht. Ravel schrieb La Valse im Auftrag von Sergej Diaghilew für ein Tanzprojekt der Ballets russes. Mit der Begründung, das Werk sei kein Ballett, sondern das Bild eines Balletts, wies es Diaghilew jedoch zurück. Dafür wurde La Valse als reines Orchesterstück weltberühmt.
Eine ganz andere Klangwelt beschwört Ravel in seinem ebenfalls für Diaghilew entstandenen Ballett Daphnis et Chloé: lasziv, verträumt, bacchantisch. Mit der aus Teilen des Balletts zusammengestellten Suite Nr. 2, in der sich angefangen von den leise flirrenden Harfen- und Flötenklängen bis zum dionysischen Schlussreigen eine ungeheure musikalische Steigerung aufbaut, endet dieses Programm.
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