Kirill Petrenko und Patricia Kopatchinskaja
Mit diesem Konzert trat Kirill Petrenko zum letzten Mal vor seinem Amtsantritt als Chefdirigent vor die Berliner Philharmoniker. Zuerst zeigte Solistin Patricia Kopatchinskaja, wie viel Virtuosität und Ausdrucksvielfalt in Arnold Schönbergs Violinkonzert steckt. Es folgte Tschaikowskys leidenschaftliche Fünfte Symphonie in einer Interpretation voller Kraft und Hingabe, »mit einer Schlusspassage wie eine Teufelsaustreibung… Der Saal geriet ganz außer Atem vor Begeisterung und Vorfreude« (Frankfurter Allgemeine Zeitung).
Schönberg bemerkte einmal scherzhaft über sein Violinkonzert, die Musik sei für eine neue Art von »Geigenspielern mit 6 Fingern« gedacht. Das »Dr. Anton von Webern« gewidmete Werk entstand als eine der ersten großen Kompositionen nach Schönbergs Emigration in die USA und zeichnet sich nicht nur durch die in Zwölftontechnik gehaltene Konzeption, sondern auch durch sein kunstvoll verschränktes, dichtes Satzgefüge und seinen brillanten Solopart aus. Patricia Kopatchinskaja, die Interpretin des Programms, näherte sich diesem Stück auf ungewohnte und sehr erfrischende Weise: über das Melodram Pierrot lunaire, einem Meilenstein auf Schönbergs Weg zu einer neuen Tonsprache. Die Geigerin studierte den Part der Sprechstimme ein, mit dem sie im Late Night-Konzert am 9. März zu erleben ist, und entdeckte viele Elemente des Stücks auch in dem Geigenkonzert, wie z.B. die pointierte Artikulation, die Tonmalerei, den Witz, die Zärtlichkeit und die ständigen Stimmungswechsel. »Die Tonsprache des Konzerts ist neu und expressiv wie Schönbergs Bilder,« verrät sie, »aber die Form alt wie ein Plüschsofa, auf dem man als sechsfingrig geigender Pierrot in einem dodekafonen Traum vielleicht den Schwierigkeiten des Soloparts entgehen könnte.«
Nach der Pause hat Kirill Petrenko Peter Tschaikowskys Fünfte Symphonie aufs Programm gesetzt, die heute zu den beliebtesten Schöpfungen des Komponisten zählt. Dieser Erfolg war allerdings nicht abzusehen, da das Werk ungeachtet seiner gelungenen Deutschland-Premiere 1889 in Hamburg bereits zwei Jahre später »völlig in Vergessenheit geraten« war. So berichtet es der Musikkritiker Nikolaj Kaschkin in seinen 1896 veröffentlichen Erinnerungen an Peter Tschaikowsky, in denen es weiter heißt, dass sich »Arthur Nikisch, der jetzige Kapellmeister des Leipziger Gewandhauses und der Philharmonischen Konzerte in Berlin ihrer annahm und eben diese Symphonie in London, Leipzig, Berlin und Moskau mit glänzendem Erfolg aufführte, so dass man hoffen kann, dass sie den ihr gebührenden Platz im sinfonischen Repertoire einnehmen wird«. Der Einsatz Nikischs, der Tschaikowsky als »Meister seines Faches« und als »Zauberer vor dem Orchester« verehrte, verfehlte seine Wirkung nicht. Immer mehr Dirigenten engagierten sich für das Werk, sodass Tschaikowskys Fünfte heute neben Mozarts Jupiter-Symphonie und Beethovens Eroica zu den weltweit am häufigsten aufgeführten symphonischen Werken überhaupt zählt.
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